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Geschichts-LK im Archiv – Auf den Spuren jüdischen Lebens in Groß-Bieberau

Ende letzten Schuljahres machte sich der Geschichts-Leistungskurs unter Leitung von Herrn Schaal auf den Weg ins Archiv der Gemeinde, um sich auf die Spuren jüdischen Lebens, insbesondere während der Zeit des Nationalsozialismus, in Groß-Bieberau zu begeben.

Dass Geschichte nicht nur auf der weltgeschichtlichen Bühne stattfindet, sondern insbesondere in der Zeit des Nationalsozialismus tiefgreifende und schrecklich Auswirkungen auf zuvor angesehene Mitglieder der heimischen Bevölkerung hatte, war nur eines der vielen Erkenntnisse, die die Schülerinnen und Schüler aus diesem Projekt mitgenommen haben.

Anhand von Einzelschicksalen konnten die Schülerinnen und Schüler den Lebenslauf der Familien Kahn und Levi sowie des Siegfried Haas näher auf den Grund gehen – Familien, die seit dem 18. Jahrhundert in Groß-Bieberau ansiedelten.

Unter Leitung des emsigen Rentners Gerhard Krell, der als ehrenamtlicher Archivar uns mit Rat und Tat – sei es beim Aufbau und der Inventarisierung des Archivs, bei inhaltlichen Fragen, aber auch bei der Problematik, die altdeutsche Schrift zu entziffern – zur Seite stand, durchforsteten die Lernenden die doch zahlreich vorhandenen Dokumente. Sie lernten dabei, dass die historische Darstellung bzw. die “geschriebene Geschichte“ nicht immer einfach vonstattengeht, sondern teils minutiöse “Detektivarbeit“ vonnöten ist. Um die fragmentarisch vorliegenden Informationen zu einem Gesamtbild zu bringen, halfen teilweise auch Interviews mit Angehörigen und noch lebenden Freunden der Familie, aber auch das Internet sowie die Informationen, die Herr Krell in den letzten Jahrzehnten von Angehörigen berichtet bekommen hatte. Umso schwerer wiegt der Umstand, dass aufgrund der vergangenen Zeit nahezu alle Zeitzeugen bereits verstorben sind bzw. die meisten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger im Zuge der Shoa ermordet wurden. Nur wenige konnten sich der grausamen und systematischen Verfolgung der Nazis entziehen, indem sie ihre Heimat verließen und in fremde Länder auswanderten.

Mit der erneuten Stolpersteinverlegung der Ende 1943 nach Auschwitz deportierten und dort ermordeten Gertrud Neidhardt in der Bahnhofstraße sowie der vorausgehenden Gespräche mit deren Enkelin hatte das Projekt einen emotionalen Höhepunkt, der den Schülerinnen und Schülern bestimmt noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Ruben Schaal