Hessischer Integrationspreis 2024
Aufstehen gegen Rassismus und Antisemitismus – Zivilcourage im Alltag - so lautete das Motto der diesjährigen Ausschreibung des hessischen Integrationspreises, der jedes Jahr vom Hessischen Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales verliehen wird.
Über ein halbes Jahr beratschlagte eine unabhängige Jury vorwiegend aus Journalistinnen und Journalisten sowie Autorinnen und Autoren. Die Entscheidung fiel ihnen sichtlich schwer. Aus diesem Grund wurden 7 Personen, Initiativen und Verbände von den unzähligen eingereichten Bewerbungen ausgezeichnet.
Das Engagement der Zivilgesellschaft und Maßnahmen, die das Zusammenleben und das Miteinander in der Migrationsgesellschaft deutlich verbessern, sind so wichtig wie nie zuvor, wie auch von der hessischen Ministerin für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales Heike Hofmann betont wurde, „Wir alle wissen, dass die Demokratie und eine vielfältige Gesellschaft keine Selbstverständlichkeiten sind. Beides hängt von Menschen ab, die sich mit Überzeugung einbringen und für Minderheiten einstehen – und das jeden Tag.“
Dieser Überzeugung waren und sind auch die Oberstufenschülerinnen der Albert-Einstein-Schule in Groß-Bieberau, Alara Evcimen und Emma Logemann, die als einzige Schülerinnen in ganz Hessen mit dem zweiten Platz ausgezeichnet worden sind. Mit ihrem Einsatz zeigten sie, dass es nicht ausreicht, sich als Institution mit einer Auszeichnung zu schmücken, sondern dass die Inhalte dieser Auszeichnung gelebt werden müssen.
Alara und Emma bewiesen in einem sehr langen Zeitraum immer wieder ihr Engagement gegen rassistische, antisemitische und diskriminierende Äußerungen von Mitschülern. Häufig fühlten sie sich allein gelassen und ohnmächtig, spürten den unerträglichen Druck von Mitmenschen und waren zutiefst von der Passivität dieser enttäuscht, die über diskriminierende Äußerungen hinwegschauten. Ihr Leid und Einsatz waren aber nicht allen egal. Sie erfuhren auch Unterstützung und sehr viel Respekt, sodass es keine Frage war, dass ihr Mut und Einsatz ausgezeichnet werden mussten. Als Schule ohne Rassismus- Schule mit Courage ist es mehr als eine Pflicht, ein solches Verhalten zu fördern und gegen Diskriminierungen vorzugehen.
Diese Einstellung unterstützt ohne Wenn und Aber die Bürgermeisterin der Stadt Groß-Bieberau, Frau Anja Vogt, die als Patin für das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ an der gelungenen und vielseitigen Veranstaltung am Dienstagabend, 12. November 2024, im Schloss Biebrich in Wiesbaden teilnahm.
In einer sehr bewegenden Laudatio ehrte die Journalistin und Autorin Hadija Haruna-Oelker die beiden Schülerinnen und betonte immer wieder ihren Mut in einer sehr stumm gewordenen und fast apathischen Gesellschaft. Sie haben durch ihr aktives Handeln und ihre Überzeugung sehr vielen Menschen die Augen geöffnet und können nun endlich am Ende ihrer Schulzeit noch ein „happy end“ erfahren.
Emma und Alara waren immer der Auffassung, dass Rassismus und Diskriminierung mit Unwissenheit und Unkenntnis zusammenhingen, dass in einer gebildeten Wohlstandsgesellschaft im Jahre 2024 menschenverachtendes Verhalten und diskriminierende Äußerungen kein Thema wären, dass Bildungsinstitutionen wie Schulen wesentlich weiter wären.
Unabhängig davon, dass in Lehrplänen, Curricula und Projekten, Ideen von Gleichheit, Toleranz und Vielfalt vermittelt werden, unabhängig davon, dass diese Ideen und Werte zu den Grundlagen der Ausbildung eines jeden Pädagogen und einer jeder Pädagogin gehören, und auch unabhängig davon, dass wir alle genau wissen, wozu ein Verhalten gegen diese Werte führen kann, werden diese trotzdem tagtäglich missachtet und mit Füßen getreten.
Was bringen all diese Bemühungen, wenn sich immer wieder und immer mehr Menschen nicht an diese halten? Was bringt es, wenn immer wieder Menschen einfach stumm bleiben?
Vor allem Schulen sind nicht nur der falsche Ort für Rassismus und Diskriminierung, sondern vor allem nicht der Ort, wo stumm sein eine Option ist. Kein Ort, kein Raum ist der richtige Ort hierfür. Vor allem Schulen sind gefordert, genauer hinzuschauen, hinzuhören und zu agieren.
Manchmal dauert es lange, leider, bis Mitmenschen reagieren, bis Courage gezeigt wird. Schlimm genug.
Viel schlimmer, wenn couragierte Schülerinnen allein gelassen werden, ja sogar selbst zu Opfern werden.
Wir freuen uns nicht nur für die Schülerinnen, sondern sehen sie als Vorbilder, wir sehen sie als Ansporn und Mutmacherinnen dafür, dass es sich lohnt, auch steinige Wege zu gehen.
In einer rassistischen Gesellschaft reicht es nicht aus, kein Rassist zu sein, sondern ein Anti-Rassist (Angela Davis).
Vielen Dank, liebe Alara und liebe Emma!
Hizniye Dursun