Vandalismus - Ein Zeichen?
(Im Zeitraum von Freitag (05.01.) 15 Uhr bis Montag (08.01.) 6 Uhr begaben sich unbekannte Täter an eine Schule in der Hügelstraße und sprühten Farbe an zahlreiche Fenster, Wände und Fahrzeuge auf dem Gelände. Darüber hinaus zerstörten die Kriminellen ein Glaskunstwerk.)
Wer gegen Kunstwerke agiert, wird auch Menschen verachten. Die Wahrheit und der Kern der menschlichen Seele offenbaren sich in der Produktion von Kunst, in der Möglichkeit der Transformation und der Entstehung eines genuin Neuen aus dem Nichts, in der Fähigkeit zur Abstraktion und Neuorganisation mit klarer Zielsetzung, die nicht unbedingt verbal vermittelt wird, sondern ästhetisch, mit allen Sinnen erfassbar ist.
Das SchülerInnen Kunstwerk WIR wurde zerstört, ein Jahr nach seiner Entstehung. Das Statement für Respekt und Toleranz wurde demonstrativ attackiert, unser nobles Vorhaben belächelt. Wer sind wir, muss man sich demnach fragen, gibt es überhaupt ein „wir“ an der AES, markiert der Akt des Vandalismus eine erschreckende Wende?
Die Antwort ist klar, es gibt sehr wohl ein WIR an der AES und dieses macht den größten Teil des Körpers der Schule aus, bestehend aus mutigen, offenen, respektvollen Menschen, die eine klare Trennlinie zur Gewalt ziehen, die keine Angst spüren, zu sagen:
„Wir sind es und wir sind die Vielen. Wir werden uns nicht einschüchtern lassen, wir werden uns nicht anstecken lassen, wir pflegen ein respektvolles Miteinander, denn wir sind frei. Wir gestalten unsere Welt in der festen Überzeugung, dass wir hungrige, optimistische Seelen haben. Wir verabscheuen Taten der stumpfen Gewalt“.
Vandalismus ist kein Protest, es ist das dumpfe Zerstören anstelle von Kommunikation, es ist der fehlgeleitete Wunsch nach Aufmerksamkeit, es ist die nach außen gerichtete Wut, die nie den Weg zur Artikulation fand, es ist ein Zeichen der Pathologie einer Gesellschaft und des politischen Denkens.
Jede Aktion von Bürgern dieser Welt ist ein politischer Akt, denn jeder Mensch, der in einer Gesellschaft lebt, ist automatisch ein politisches Wesen (πολίτης, Polis- Stadt), also ein Bürger. Keine Aktion der blinden Gewalt war jemals die Lösung oder die Antwort auf bestehende Fragen.
Kunst, besonders Kunst, die aus der Mitte der Schülerschaft entstanden ist, zu zerstören, ist ein Zeichen der Barbarei, ein Angriff auf das, was uns zum Menschen macht: die Fähigkeit, Reflexionsorte für gesellschaftliche Entwicklungen zu schaffen, die Fähigkeit, Schönheit zu empfinden und über Gefühle zu sprechen, den Drang, Impulse für Neues zu geben und fruchtbare Alternativen zum Schubladendenken zu bieten.
Wir werden weiter auf kreative Weise unseren Fußabdruck auf diese Erde und an diese Schule, unsere AES, bringen. Denn die einzige Antwort auf Zerstörung ist Erschaffen, Widerstehen, Leben!
Athanasia Papadopoulou-Poth
Dipl. Archäologie und Kunstgeschichte, OstR‘
Fachsprecherin Kunst